Ihr Partner für berufliche Bildung

Foto von links: Julia Völling (Polizei Viersen), Late´ Placca (Rettungswache Lobberich), Klaus Riedel (Kreisbrandmeister), Ulli Nisters (Polizei Viersen)

Erwartungsvoll schauen die Jugendlichen nach vorne. Was will ihnen der Polizeibeamte da vorne heute sagen? Warum sitzen in der Aula des Berufskollegs Viersen nicht nur vier andere Polizisten, sondern auch noch ein Feuerwehrmann und ein Zivilist? Hauptsache, kein Unterricht, warten wir also mal ab.

Der Hauptkommissar erzählt von einem privaten Grillabend, zu dem ihn seine Tochter eingeladen hatte. Und dann davon, dass er plötzlich diesen Abend nicht mehr genießen konnte, weil ihn die Packung mit Grillwürstchen an einen Unfall vor einigen Jahren erinnerte. Ein Unfall, bei dem ein junger Mann tödlich verletzt wurde und er, der Polizist, ihm nicht mehr helfen konnte, weil jede Hilfe zu spät kam.
Es sind diese und ähnliche Geschichten, erzählt von Polizisten, die als erste an die Unfallstellen kamen, erzählt von einem Feuerwehrmann, der zu einem Unfall gerufen wurde, aber ein Drama erleben musste, erzählt von einem Notarzt, der außer Dienst nicht mehr genug für eine Motorradfahrerin tun konnte, sodass sie wenig später verstarb.
Crash-Kurs ist ein Angebot der Polizei des Kreises Viersen an Schulen und vor allem an junge Autofahrer. Mitglieder der sogenannten Rettungskette berichten von Erlebnissen, die alltäglich geschehen und doch von allen Verkehrsteilnehmern gerne verdrängt werden. Mir passiert so etwas nicht, ich fahre doch vorsichtig. In der Veranstaltung wird aber schnell deutlich, dass es immer nur Bruchteile von Sekunden sind, in denen sich Unfälle ereignen, weil Alkohol oder auch Handynutzung die Aufmerksamkeit  beeinträchtigen. Und selbst berufserfahrene Beamte schaffen es nicht immer, diese Ereignisse schnell und professionell zu verarbeiten.
In der Aula des Berufskollegs ist es ganz still geworden. In den Gesichtern zeigen sich Nachdenklichkeit und Betroffenheit. Hier stehen keine Erwachsenen, die immer alles besser wissen und mit erhobenem Zeigefinger vor Gefahren warnen. Hier stehen letztlich Menschen, die die geschilderten Erfahrungen nicht machen wollten. Die wissen, welche Vorgeschichten zu diesen tödlichen Situationen führten. Und die den Zuhörern klar machen, dass nicht nur der Tatort des Unfalls schlimm ist, sondern dass sie Katastrophen auch dann erleben mussten, wenn sie den Hinterbliebenen die Nachricht vom endgültigen Nicht-mehr–Heimkommen ihrer Angehörigen machen mussten.
Wie sagte doch der Feuerwehrmann: „Ich will euch nie mehr wiedersehen – jedenfalls nicht, wenn ich diese Feuerwehrklamotten anhabe!“ Leise verlassen die Schüler die Aula.

Klaus Richard Mestrom

 

Förderung der grenzüberschreitenden Mobilität in der Berufsausbildung